In der heutigen Folge geht es um ein Gerichtsverfahren das ich vor einiger Zeit miterleben durfte und zwar das „Wunder von Aalen“.
Ich vertrat einen Türsteher, der in einer Diskothek in einem Industriegebiet in der Nähe von Aalen gearbeitet hat. Die Diskothek liegt im ersten Stock und ist nur über eine 40-stufige Stahltreppe zu erreichen.
Es ist Folgendes passiert: ein Gast wollte die Diskothek verlassen, ohne zu bezahlen. Daraufhin hinderten ihn die Türsteher am Gehen. Es entbrannte eine hitzige Diskussion, die damit endete, dass sich der Gast das Geld von einem Freund lieh. Die Aussagen darüber, was danach passierte gingen auseinander; die Türsteher sagten aus, sie hätten den Gast zur Tür gebracht und es sei weiter nichts passiert. Der Gast hingegen sagte, die Türsteher hätten ihn zur Tür gebracht und daraufhin hätte ihn einer von ihnen die Treppe hinunter geworfen. Und dann passierte das Wunder on Aalen: denn obwohl ihn der Türsteher seiner Aussage nach eine 40-stufige Treppe hinunter warf, blieb der Gast völlig unverletzt. Der Gast ruft die Polizei, diese kommt und alle Türsteher müssen antreten und der Gast sagt, „Der Türsteher A, der war’s. Der hat mich die Treppe hinunter geworfen.“
Trotz dieser eindeutigen Aussage werden alle Türsteher wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung vor Gericht angeklagt. Bei der Gerichtsverhandlung sagt der Gast, der Türsteher A hätte ihn die Treppe hinunter geworfen und der Türsteher B auch. Türsteher B war mein Mandat. Also sagte ich als Verteidiger zum Richter, dass es komisch sei; in der Tatnacht, nur wenige Minuten nach dem vermeintlichen Vorfall, sagte der Gast aus es hätte ihn nur der Türsteher A die Treppe hinunter geworfen. Nun, ein halbes Jahr später bei Gericht, sagt er aus, es hätten ihn zwei Türsteher die Treppe hinunter geworfen. Das sei doch komisch.
Daraufhin meinte der Richter, er könne den Einwand nicht verstehen, wenn der Gast das so sagt, dann würde es schon so gewesen sein. Darauf erwiderte ich, „Der Gast soll eine 40-stufige Stahltreppe herunter geworfen worden sein, er hat aber keinerlei Verletzungen, kein Attest, gar nichts. Das kann nicht sein.“
Worauf der Richter trocken entgegnete, „Da haben die Türsteher aber Glück gehabt, das nichts passiert ist.“ Dann gab er zwei Möglichkeiten vor: entweder jeder der betroffenen Türsteher zahlt 300 € an das Tierheim als gemeinnützige Einrichtung, dann stelle er das Verfahren ein oder er verurteilt alle Türsteher wegen versuchter gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung.
Spatz in der Hand, Taube auf dem Dach. Alle Türsteher haben je 300 € ans Tierheim gezahlt.
Die Moral von der Geschicht‘: als Türsteher hat man vor Gericht ganz schlechte Karten, wenn ein Gast etwas behauptet. Auch dann, wenn man Zeugen hat; die eigenen Kollegen, die nützen einem in Zweifelsfall wenig. Deswegen sollte man in solchen Positionen nur arbeiten, wenn die entsprechenden Bereiche videoüberwacht sind, sodass man solche Vorfälle im Nachhinein überprüfen kann.
Das war das Wunder von Aalen, wenn es dir gefallen hat, würde ich mich freuen, wenn du diese Podcast-Folge zum Beispiel deinen Freunden bei Facebook empfiehlst und likest.
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